Agronomen begleiten ein Tier von der Aufzucht bis zur Schlachtung. Sie beraten Bauern bei der Wahl der optimalen Fütterung ihrer Tiere oder forschen an der Züchtung von neuen Rassen mit höherem Fleischansatz. Was jedoch mit dem schlachtreifen Tier nach dem Bolzenschuss bis zur Wurst in der Fleischtheke genau passiert, ist auch für Menschen aus landwirtschaftlichen Berufen unbekannt. Um dies zu ändern, tauschte eine junge Agronomin für einige Tage die Heugabel gegen ein Metzgermesser und tauchte in die Arbeitswelt der Fleischfachleute ein.

Wie kommt die Cervelas auf den Tisch? Ich als Agronomin sollte eigentlich diese Frage zur Schweizer Nationalwurst perfekt beantworten können. Doch nach meinem Studium bemerkte ich, dass ich vieles über die Aufzucht, Fütterung und Haltung von Nutztieren gelernt, aber keine Ahnung hatte, wie in der Praxis aus den Fleischstücken und Därmen eine Cervelas herstellt wird. In meinem Studium und auf den Höfen beschäftigte ich mich mit der Frage, welche Futtermischung die Proteinversorgung eines Tieres optimal deckt oder welche Vor- und Nachteile die Haltung von Angus-Rindern hat. Auch durfte ich bereits während meines Praktikums auf einem Bauernhof bei einer Hofschlachtung von Spanferkeln dabei sein. Jedoch lernte ich nie den Schritt vom Tier bis zum Produkt, oder anders gesagt, vom Bauern bis zum Metzger kennen.

Fleischverarbeitung im Grossbetrieb und im Familienunternehmen

Ich wollte meine Wissenslücke schliessen und fragte deshalb bei Dani Schnider vom Schweizer Fleisch-Fachverband SFF an, ob es möglich wäre, Metzgerei-Luft zu schnuppern. Ein paar Wochen später durfte ich den Micarna-Standort in Bazenheid anlässlich der Schulung der zukünftigen Betriebsleiter Fleischwirtschaft besuchen und jungen Fachleuten über die Schulter schauen. Bei einem Rundgang bekam ich einen Einblick von der Zerlegerei bis zur Verpackerei. Allein in Bazenheid werden rund 1400 Schweine pro Tag geschlachtet und zu Fleischerzeugnissen weiterverarbeitet. Ich war von der Grösse dieses Betriebs und der Geschwindigkeit der Abläufe beeindruckt. Die gesamte Produktion und die grosse Anzahl an Lyoner, Cervelas und Schinken an einem Ort zu sehen, zeigte mir eindrucksvoll wie gross die Mengen an Fleisch sind, die tagtäglich verarbeitet werden. Beeindruckend war auch der sterile Raum mit Unterdruck, in dem Mitarbeiter mit Ganzkörperanzügen Schinkenscheiben verpackten. Das steckt also hinter einem Päckchen Schinken, das im Laden hängt!

Natürlich zeigt ein solcher Grossbetrieb nicht den echten Alltag eines Fleischfachmanns, weshalb ich auch einen Einblick in ein Familienunternehmen bekam. Am nächsten Morgen stand ich um fünf Uhr vor der Metzgerei Rogenmoser in Baar. Ich durfte Christian Rogenmoser in den Schlachthof begleiten. Zum ersten Mal war ich dabei, wie Rinder durch einen Bolzenschuss getötet und somit innerhalb von Sekunden vom lebenden Tier zum Produkt wurden. Als Agronomin war ich erstaunt, wie deutlich nach der Schlachtung die Unterschiede in der Fütterung am Fleischansatz oder an der Fettfarbe der Tiere zu sehen waren.

Von der Schweinehälfte zur Wurst

Zurück in der Metzgerei Rogenmoser fand ich mich in der Rolle des Lehrlings wieder. Christian Rogenmoser führte mich in den Prozess der Zerlegung eines Tieres ein. Er zeigte mir an einer Schweineschulter, wie ich die einzelnen Fleischstücke herausschneiden, die Sehnen durchtrennen und die Knochen herauslösen konnte. Beim selbst Handanlegen konnte ich hautnah miterleben, wie vielfältig und anspruchsvoll der Beruf der Fleischfachleute ist. Insbesondere während der Zerlegung wurde mir bewusst, wie viel Geschick und Präzision erforderlich sind, um die verschiedenen Muskelstränge zu identifizieren und die Knochen fachgerecht mit möglichst wenig Fleischverlust zu entfernen. Diese Erfahrung eröffnete mir ein tieferes Verständnis für die Anatomie der Tiere und die handwerkliche Kunst der Metzger. Obwohl ich bereits Erfahrung im anatomischen Sezieren hatte, fiel es mir wirklich schwer, das Messer entlang der Muskelfasern sauber zu führen. Mir wurde bei dieser Tätigkeit klar, wie viel Arbeit Fleischfachleute für die Kunden übernehmen, wenn sie Geschnetzeltes und Co. bereits fertig geschnitten zum Verkauf anbieten. Mein noch ausbaufähiges Potenzial beim Zurechtschneiden von Fleischstücken zeigte sich, als ich in der über 100-jährigen Geschichte der Metzgerei Rogenmoser die heterogensten Grillspiesse herstellte.

Zu guter Letzt durfte ich noch einen Tag in der Wursterei mithelfen. Mit allen Sinnen lernte ich eine Wurst machen. Das Gefühl von klebrigem und dehnbarem Brät, der Geruch von Kräutern und Gewürzen und wie laut der Blitz ist, wenn die Messer den Speck für Landjäger zerschneiden. Als Laie durfte ich auch versuchen, die Wurstmasse durch die «Spritze» in Schweinedärme zu füllen. Trotz mangelndem Feingefühl funktionierte es nach einigen Anläufen doch, dass ich meine erste Wurst produzieren konnte.

Mein Fazit: Voneinander lernen

Mein Aufenthalt in der Metzgerei war zweifellos eine lehrreiche Erfahrung, die mein Verständnis für den Beruf der Fleischfachleute sowie die Sorgfalt und Hingabe, die in jedem Fleischprodukt stecken, erweitert hat. Die Vielfältigkeit dieses Berufes und das für die Ausübung notwendige, handwerkliche Geschick haben mich sehr beeindruckt. Fleischfachleute und Landwirte teilen das gemeinsame Ziel, qualitativ hochwertige Produkte zu erzeugen und die Bedürfnisse ihrer Kunden zu befriedigen. Meine Schnupper-Tage verdeutlichten mir die Bedeutung eines ganzheitlichen Verständnisses der Lebensmittelproduktion. Gerade der Austausch zwischen den Berufsfeldern sollte aus meiner Sicht mehr gefördert und intensiviert werden, denn es gibt einiges voneinander zu lernen.

Werde ich in Zukunft gefragt, wie eine Cervelas hergestellt wird, kann ich nun mit gutem Gewissen erzählen, welche vielen Arbeitsschritte auf dem Bauernhof mit dem Tier und in der Metzgerei mit dem Fleischprodukt nötig sind, bis wir Kunden sie genüsslich reinbeißen und genießen können.

Lara Wyser, Agronomin

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